Alarmierende Zahlen: Viertklässler in NRW haben Probleme mit Schreiben und Rechnen

Immer mehr Grundschulkinder in Nordrhein-Westfalen haben Probleme in den Fächern Mathe und Deutsch. Das hat das ifo-Bildungsinstitut in einer Studie herausgefunden.

Im Fünf-Jahres-Vergleich sind die Viertklässler in ihren Kompetenzen in diesen Fächern deutlich zurückgefallen. Das zeigt eine am Montag von der Kultusministerkonferenz (KMK) vorgestellte Studie, die im Abstand von fünf Jahren den Stand bei den Schülern repräsentativ untersucht. Bereits im Juli waren die Zahlen für ganz Deutschland vorgestellt worden. Jetzt folgte ein Vergleich nach Bundesländern. 

Während beim Lesen im Jahr 2021 52,7 Prozent der Schüler in NRW den Mindeststandard erreichten, schaffte das rund jeder Fünfte (21,6 Prozent) nicht. Im Vergleichsjahr 2016 waren es nur 15,7. Bei der Rechtschreibung sieht es noch schlechter aus. Nur 39,6 Prozent erreichen den Regelstandard, während 32,6 Prozent erhebliche Probleme damit haben, richtig zu schreiben, um die Mindestanforderungen zu erfüllen. 2016 hatten nur 23,9 Prozent massive Probleme mit der Rechtschreibung.

ifo-Bildungsexperte Professor Ludger Wößmann erklärt, dass im Prinzip ein halbes Jahr Lernstoff fehle. "Wenn wir uns die absoluten Mindeststandards anschauen, haben sich die Zahlen teils verdoppelt", so Wößmann.

Corona-Pandemie trägt keine alleinige Schuld daran

Die Schulschließungen haben zwar etwas dazu beigetragen, doch alleine dafür alles verantwortlich zu machen, sei falsch. Denn den Rückgang gab es schon davor, sagt Wößmann bei uns im Gespräch. "Vor gut 20 Jahren hatten wir den Pisa-Schock. Das hat viel ausgelöst, bis Anfang der 2010er Jahre haben wir deutlich bessere Leistungen bei deutschen Schülern gesehen." Nun aber wurden die Zahlen kontinuierlich schlechter. Es bräuchte eine Art zweiten Pisa-Schock - denn klar ist: Schlechtere Schülerinnen und Schüler bekommen im Schnitt auch schlechtere Jobs. Das alles bedroht laut der Studie unseren Wohlstand.

Fast 30 Prozent weisen bei Mathematik keinen Mindeststandard auf

Schauen wir aufs ungeliebte Fach Mathematik: Beim Rechnen schafft fast jeder zweite Viertklässler (47,3 Prozent) den vorgesehenen Standard, also das, was im Schnitt von Schülerinnen und Schülern in diesem Alter erwartet wird. Damit liegt NRW in Deutschland allerdings deutlich unter dem Gesamtwert. Die Grundschüler in Bayern erreichen hier einen Spitzenwert von 66,2 Prozent. 28,1 Prozent der Schüler in NRW haben so große Probleme mit der Mathematik, dass sie den Mindeststandard nicht vorweisen können. Vor fünf Jahren waren noch deutlich mehr Schüler besser in Mathematik. 2016 erreichten nur 19,2 Prozent den Mindeststandard nicht. Das ist ein Zuwachs von 8,9 Prozentpunkten.

Mehr Fokus auf die Grundeschulen legen

Das Problem sind der Studie zufolge nicht die Kinder oder Lehrkräfte, sondern eine Mischung aus Schulpolitik, fehlende Wertschätzung für Grundschul-Lehrkräfte und dem allgemeinen Personalmangel. Christian Pennekamp vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) ist selbst Grundschullehrer und sagt: Die Grundschule ist das Fundament fürs Lernen und beschreibt es so: "Man stellt sich vor, dass ein Haus auf brüchige Fundamente gebaut wird. Irgendwann kracht es dann zusammen. Deswegen ist es total wichtig, in diesem Bereich viel arbeitet und fördert." Das passiert aktuell nicht, wie die ifo-Studie beweist.

Autoren: Sascha Faßbender / Joachim Schultheis (mit dpa)

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